Laudatio ANDRITZ AG
Laudatio: Schandfleck – Verleihung, 20. Februar 2013
Greenpeace und die Andritz AG verbindet eine langjährige gemeinsame Geschichte. Die Begegnungen mit dem Unternehmen in den vergangenen Jahren waren freilich leider alles andere als erfreulich. Greenpeace tritt dann auf den Plan, wenn Unternehmen Umwelt- und Menschenrechte missachten, und unter dem Deckmantel einer „green economy“ zu Umweltsündern werden. Während die Andritz AG in Österreich als Öko-Vorzeigeunternehmen gehandelt wird und mehrfach mit Umweltpreisen ausgezeichnet wurde, zeichnet die Auslandsbilanz des Unternehmens ein anderes Bild vom vermeintlich grünen Unternehmen: dort engagiert es sich bei Projekten wie dem Staudammprojekt Belo Monte, von dem wir bereits einiges gehört haben, oder beteiligt sich am Bau von Zellstofffabriken, die den Raubbau an hunderttausenden Hektar Wald und die Vertreibung der indigenen Bevölkerung nach sich ziehen.
Greenpeace ist dafür bekannt, mit kreativen, witzigen, oft konfrontativen, aber stets gewaltfreien Mitteln gegen Umweltzerstörung in aller Welt anzukämpfen. So haben wir bereits 2009 – gemeinsam mit ECA Watch – dem Grazer Mutterhaus der Andritz AG einen Besuch abgestattet, um dort gegen die geplante Zellstofffabrik Bell Bay in Tasmanien protestiert – ein Projekt, das trotz massiver Widerstände der einheimischen Bevölkerung hätte durchgesetzt werden sollen. Im September 2010 wurde das Projekt auf Eis gelegt, und damit auch der Gewinn von geschätzten 500 Mio Euro für die Andritz. War ein Umdenken beim Unternehmen der Grund dafür? Von wegen. Die Andritz AG ist bis heute einer der wichtigsten Partner des Baukonzerns Gunn, der sich bis heute für die Weiterführung des Projekts in Tasmanien einsetzt. Ebenso umstritten wie das genannte Projekt ist die Beteiligung am Ilisu-Staudamm in der Türkei: Mit dem Staudammprojekt am Tigris hat die Andritz AG unter Beweis gestellt, dass internationale ethische Standards für das Unternehmen keine Rolle spielen. Alle Auswirkungen auf Mensch und Natur am Tigris aufzuzählen, würde den Rahmen der Veranstaltung sprengen, doch um nur einige zu nennen: • Zerstörung von 400 Kilometern Flusslandschaft und damit verbunden die Vernichtung zahlreicher bedrohter Arten • Zwangsumsiedelung von 60.000 Menschen, verbunden mit Enteignung ohne angemessene Entschädigung • Massiver Wassermangel in den Anrainerstaaten Irak und Syrien In den letzten Jahren hat Greenpeace die Andritz AG immer wieder dazu aufgefordert, sich wie alle anderen europäischen Investoren aus dem Projekt zurückzieht. Tatsächlich steht das Projekt heute an der Kippe – und wieder, ohne das ein Umdenken bei der Andritz AG der ausschlaggebende Grund dafür gewesen wäre. Nachdem sich Deutschland, Österreich und die Schweiz 2009 aus dem Projekt zurückgezogen haben und damit die Fremdfinanzierung ausblieb, hat die Türkei allein am Staudamm weitergearbeitet. Ein Gerichtsbeschluss hat nun den Baustopp angeordnet, da das Projekt den Umweltrichtlinien der Türkei widerspricht. Die Andritz AG hat noch im vergangen Jahr angekündigt, sich weiter zu beteiligen, sollte das Projekt weitergeführt und die Finanzierung gesichert sein. Greenpeace wird daher gemeinsam mit anderen Organisationen weiter gegen jegliche Form der Beteiligung der Andritz AG am Staudammprojekt ankämpfen. Wie mein Vorredner bereits erläutert hat, stellt sich die Andritz AG keiner öffentlichen Debatte, darum müssen wir die Öffentlichkeit zum Unternehmen bringen. Mit dem Schandfleck, der heute an sozial verantwortungslose und ökologisch schmutzige Unternehmen wie die Andritz AG vergeben wird, ist ein weiterer Schritt dafür gesetzt. Und auch Greenpeace wird weiterhin dazu beitragen, dass diese Unternehmen ihr schmutziges Geschäft nicht an der öffentlichen Wahrnehmung vorbei machen können.
Greenpeace, Julia Kerschbaumsteiner